Der fehlende Schlüssel im Neurofeedback: Der Reward Prediction Error

Von Thomas Feiner, IFEN Institut für EEG-Neurofeedback

In den letzten Jahren hat sich filmbasiertes Neurofeedback in vielen Praxen zum Standard entwickelt.
Es ist einfach einzurichten, optisch ansprechend – und die Klient:innen mögen es.
Sie entspannen sich, der Bildschirm wird heller, und alle fühlen sich gut nach der Sitzung.

Doch halten wir kurz inne und fragen uns:
🎬 Bedeutet „gut unterhalten werden“ automatisch, dass das Gehirn lernt?


🧠 Was Lernen wirklich antreibt: Der Reward Prediction Error

Alles effektive Lernen – vom Fahrradfahren bis zur Selbstregulation – basiert auf einem zentralen neurobiologischen Mechanismus: dem Reward Prediction Error (RPE), dem Fehler in der Belohnungsvorhersage.

Er beschreibt die Differenz zwischen dem, was das Gehirn erwartet, und dem, was tatsächlich geschieht.

Wenn etwas besser ausfällt als erwartet, feuern Dopamin-Neuronen im Mittelhirn einen kurzen Impuls – jenes bekannte „Aha!“-Signal, das eine erfolgreiche Anpassung markiert.

Dieser Impuls teilt dem Nervensystem mit:

„Das war nützlich – wiederhole es.“

Über die Zeit führen diese winzigen Überraschungsmomente zu stärkeren neuronalen Verbindungen und neuen Gewohnheiten.
Das ist die biologische Grundlage jedes Neurofeedback-Lernens.


🎬 Der Komfort von Filmen – und ihre Grenzen

Beim filmbasierten Feedback wird das Bild klarer oder heller, wenn die gewünschte Hirnaktivität erreicht wird.
Das fühlt sich angenehm an – und anfangs reagiert das Gehirn mit einem kleinen Reward Prediction Error:
„Oh, das Bild ist jetzt klarer!“

Doch bald wird das Feedback vorhersehbar.
Sobald das Nervensystem das Muster gelernt hat, sinkt die Dopaminreaktion – und die Lernschleife verliert an Kraft.

Das Ergebnis:

  • Die Klient:innen entspannen sich, aber

  • der aktive Lernprozess verlangsamt sich.

Filmbasiertes Feedback bleibt wertvoll – besonders bei Infra-Slow-, Alpha-Theta- oder Tiefenentspannungstrainings.
Doch für Ziele wie Aufmerksamkeit, Emotionsregulation oder exekutive Kontrolle ist es oft zu passiv.


🎮 Spiele erzeugen Anstrengung – und Anstrengung erzeugt Plastizität

Bei interaktiven Neurofeedback-Spielen verändert sich alles:
Die Klient:innen müssen etwas tun – konzentriert bleiben, ruhig atmen, ein Ziel erreichen.

Jedes Mal, wenn das gelingt und sie Punkte sammeln oder ein Level schaffen, entsteht ein positiver Reward Prediction Error – eine kleine Überraschung, die das Gehirn belohnt.

Diese Mikro-Lernmomente halten das Engagement hoch und trainieren gezielt die Netzwerke, die Selbstregulation ermöglichen:

  • den anterioren cingulären Cortex (Fehlerüberwachung),

  • den präfrontalen Cortex (Selbstkontrolle) und

  • die Basalganglien (Motivation und Belohnungsintegration).

Hier wird Selbstregulation zu einer Fähigkeit, nicht nur zu einem Zustand.


⚖️ Warum IFEN beides anbietet

Im IFEN kombinieren wir film- und spielbasiertes Neurofeedback, weil beide Ansätze ihren Platz im Training haben.

🎬 Filmbasiertes Neurofeedback eignet sich ideal für sanftes, zustandsbasiertes Training – um tiefe Entspannung und Ruhe zu fördern.

🎮 IFEN Games hingegen aktivieren gezielt das Belohnungslern-System – sie erzeugen Neugier, Herausforderung und genau die richtige Dosis Überraschung, um Lernen nachhaltig zu verankern.

Der Schlüssel liegt im Gleichgewicht:
Zu wenig Herausforderung – das Gehirn hört auf zu lernen.
Zu viel – das System wird überfordert.
Im „Sweet Spot“ zwischen Anstrengung und Belohnung entsteht Neuroplastizität.


🚀 Fazit für Therapeutinnen

Der Reward Prediction Error ist keine theoretische Idee – er ist der biologische Motor jeder Neurofeedback-Sitzung.

Wenn Feedback zu konstant, zu vorhersehbar oder zu unterhaltend wird, verschwindet dieses Signal.
Was das Gehirn in Bewegung hält, ist nicht Bequemlichkeit, sondern die Freude an Entdeckung und Überraschung.

Dieser Impuls teilt dem Nervensystem mit:

🎬Ein Film entspannt.
🎮 Ein Spiel lehrt.Der Unterschied liegt im Reward Prediction Error – im inneren Signal des Gehirns:
„Ja, das war’s. Mach mehr davon.“