Wie viel ‚Tun‘ ist richtig? – Patient:innenführung in SCP-, Z-Werte- und ISF-Neurofeedback

In unserer Arbeit mit Neurofeedback stoßen wir immer wieder auf dieselbe Frage:
👉 Wie erklären wir unseren Patient:innen, ob und wie sie das Feedback „beeinflussen“ dürfen – oder besser gesagt: wie sie sich dazu verhalten sollen?

Die Antwort hängt stark vom jeweiligen Protokoll ab – und genau das sollten wir auch so kommunizieren. Denn das Missverständnis, man müsse aktiv etwas tun, ist in vielen Fällen die Hauptursache für Frustration oder vermeintliches „Scheitern“. Hier ein Überblick, wie man es vermitteln kann.

🧠 SCP-Training: Mit Strategien experimentieren – aber ohne Erfolgsdruck

Im SCP-Training geht es um die gezielte Selbstregulation kortikaler Langsamfrequenzen. Patient:innen dürfen – und sollen – hier Strategien ausprobieren: sich vorstellen, eine Bewegung auszuführen, den Körper zu entspannen oder den Fokus zu verlagern.

Doch auch hier gilt: Nicht jede Sitzung muss eine sichtbare Verbesserung bringen. Und auch eine „nicht erreichte“ Bedingung ist wertvolles Feedback. Wichtig ist, dass wir vermitteln:

➡ „Sie experimentieren – Ihr Gehirn lernt daraus. Es geht nicht um Kontrolle, sondern um Erfahrung.“

Ein flexibler Umgang mit Erfolgen und Misserfolgen ist hier entscheidend. Es ist ein Training – und Lernen braucht Wiederholung, nicht Perfektion.

🌐 Z-Werte-Neurofeedback: Der Zustand zählt – nicht das Tun

Beim Z-Werte-Training regulieren wir funktionelle Netzwerke relativ zu einer statistischen Norm. Hier geht es nicht um gezieltes Steuern, sondern um das Zulassen eines balancierten Zustands – oft beschrieben als „entspannte Wachsamkeit“.

Viele Patient:innen meinen anfangs: „Wenn ich mich genug anstrenge, klappt es.“
Wenn dann kein Feedback kommt, folgt schnell: „Ich mache etwas falsch.“

Unsere Aufgabe ist es, genau hier zu intervenieren:

➡ „Ihr Gehirn reagiert – auch wenn Sie nichts bewusst tun. Lernen passiert auf einer Ebene, die wir nicht aktiv steuern müssen.“

Sogar die dunkle Phase auf dem Bildschirm ist eine wichtige Rückmeldung. Das Gehirn registriert, was (noch) nicht kohärent oder reguliert ist – und passt sich an. Das ist Lernen.

🌊 ISF-Neurofeedback: Tiefes Nicht-Tun als therapeutischer Kern

Beim ISF-Training arbeiten wir mit infra-langsamen Fluktuationen, die mit Grundzuständen des Gehirns wie Wachheit, affektiver Stabilität und Netzwerkintegration verknüpft sind. Hier gilt noch stärker: Jede kognitive Einmischung stört.

Das Ziel ist ein Zustand von offener, absichtsloser Wahrnehmung – ähnlich wie in der tiefen Meditation. Ich sage gerne:

➡ „Beim ISF ist das beste, was Sie tun können: nichts. Einfach nur beobachten, was in Ihnen geschieht.“

Dieses Training braucht oft Geduld – und Vertrauen. Wenn Patient:innen versuchen, „etwas zu machen“, verschließen sich die infralangsamen Netzwerke. Deshalb ist Psychoedukation hier besonders zentral, etwa durch Analogien zur Körperwahrnehmung, Atembeobachtung oder Meditation.

🧭 Fazit: Haltung statt Handlung vermitteln

Ob SCP, Z-Werte oder ISF – in allen Fällen geht es darum, dass wir Patient:innen helfen, eine passende innere Haltung zu entwickeln:

  • neugierig, nicht wertend
  • offen, nicht kontrollierend
  • präsent, nicht zielverkrampft

Wenn wir das von Anfang an vermitteln – und auch normalisieren, dass es „schwierige“ Sitzungen geben darf – entsteht oft eine viel tiefere therapeutische Wirkung, als es nur durch Parameterveränderung messbar wäre.