Seit über drei Jahrzehnten arbeite ich mit EEG-Analysen, qEEGs und Neurofeedback. In dieser Zeit durfte ich miterleben, wie Menschen mit sehr unterschiedlichen Fähigkeiten und Herausforderungen durch bessere Selbstregulation mehr Stabilität, Klarheit und Lebensqualität erfahren.
Am Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung möchte ich aufzeigen, welchen Beitrag Neurofeedback für viele Betroffene leisten kann – respektvoll, wissenschaftlich fundiert und mit realistischen Erwartungen.
Entwicklungsbedingte Behinderungen
Autismus-Spektrum-Störungen oder intellektuelle Entwicklungsstörungen gehen oft mit Reizüberflutung, Unruhe, Aufmerksamkeitsproblemen und Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion einher.
Neurofeedback kann helfen, Übererregung zu reduzieren und stabilere Gehirnrhythmen zu fördern, etwa durch SMR- oder Alpha-Training.
Viele Familien berichten, dass ihr Alltag dadurch ruhiger, vorhersehbarer und emotional ausgeglichener wird.
Diese Verbesserungen sind oft klein, aber für die Betroffenen bedeutsam.
Lernbehinderungen
Bei ADHS, Dyslexie oder Dyskalkulie spielen Aufmerksamkeit, Impulskontrolle und Verarbeitungsgeschwindigkeit eine zentrale Rolle.
Neurofeedback unterstützt das Gehirn dabei, effizientere Aktivitätsmuster zu entwickeln.
Für ADHS ist die Datenlage solide, und viele Kinder wie Erwachsene berichten von besserer Konzentration und geringerem Stresslevel.
Auch im Bereich der sprachbezogenen Lernstörungen gibt es vielversprechende Entwicklungen, die wir seit Jahren aufmerksam begleiten.
Körperliche Behinderungen
Bei Cerebralparese, nach Schlaganfall oder bei motorischen Einschränkungen muss das Gehirn häufig unter erschwerten Bedingungen arbeiten.
Hier kann Neurofeedback helfen, motorische Netzwerke zu stabilisieren, Muskeltonus besser zu regulieren oder chronische Schmerzen zu reduzieren.
Die Forschung wächst, aber erste Ergebnisse und unsere eigenen Beobachtungen zeigen, dass gezielte Trainingsprogramme spürbare Entlastung bringen können.
Erworbene Hirnverletzungen (ABI/TBI)
Nach Gehirnerschütterungen oder traumatischen Hirnverletzungen leiden viele Menschen unter Müdigkeit, Konzentrationsproblemen, Reizbarkeit oder Schlafstörungen.
Ein qEEG kann helfen, individuelle Dysregulationmuster sichtbar zu machen.
Mit gezieltem Training berichten Betroffene häufig von klarerer kognitiver Funktion, emotionaler Stabilität und einer deutlichen Reduktion postkonkussiver Symptome.
Psychische Belastungen als Begleiter
Angst, Depression, Schlafprobleme und emotionale Instabilität treten häufig zusätzlich auf – unabhängig von der Art der Behinderung.
Neurofeedback kann diese Zustände regulieren, indem es jene Netzwerke stärkt, die für emotionale Balance verantwortlich sind.
Für viele Betroffene bedeutet das ein Stück mehr Sicherheit im Alltag.
Ein individueller und realistischer Ansatz
Neurofeedback ist kein Allheilmittel und ersetzt keine medizinische Behandlung.
Es entfaltet seine größte Wirkung, wenn es in ein multimodales Therapiekonzept eingebettet ist – etwa Physio-, Ergo-, Sprachtherapie oder Psychotherapie.
Als Therapeut:innen und Trainer:innen haben wir die Aufgabe, diesen Prozess professionell, präzise und realistisch zu begleiten.
Ein persönliches Wort
Neurofeedback ist die Geschichte der kleinen Schritte. Es fängt leise an – ein ruhigerer Blick, weniger Reizüberflutung, etwas mehr Fokus. Und dann sehen wir, wie diese winzigen Signale sich summieren. Plötzlich entsteht ein neues Gleichgewicht, Menschen schlafen besser, können sich besser steuern, fühlen sich wieder mehr wie sie selbst. Aus kleinen Impulsen entstehen Entwicklungen, die man am Anfang kaum für möglich gehalten hätte.
Neurofeedback zeigt uns, wie groß die Kraft des Gehirns zur Veränderung ist, wenn wir es richtig unterstützen.
Weiterführende Schritte
Entdecken Sie unsere Ausbildungen und Fachkurse am IFEN – entwickelt für Therapeut:innen, Ärzt:innen, Pädagog:innen und Fachpersonen, die Neurofeedback sicher, fundiert und wirksam anwenden möchten.
Weitere Informationen zu den IFEN-Weiterbildungen:
👉 neurofeedback-info.de

